INTERVIEWS | AUTOREN-STECKBRIEF
1. Pseudonym:
Ich schreibe seit ein paar Jahren unter dem Teilpseudonym ›Jayden V. Reeves‹.
2. Sternzeichen:
Stier
3. In welchem Genre bist du zu Hause?
Bislang habe ich ausschließlich in der ›realen Gegenwart‹ geschrieben, was bedeutet, dass ich keine historischen Romane oder Phantasie-Geschichten geschrieben habe. Für ersteres fehlt mir die Zeit zur Recherche, ich schließe aber nicht aus, dass ich das doch einmal in Angriff nehme, denn reizen tut mich Gedanke schon seit Langem. Phantasie hingegen ist absolut nicht mein Ding. Zudem mag ich es tragend, mal ruhig, mal laut, immer nachdenklich und allzu gerne nachklingend. Man kann daher sagen, dass ich mich im belletristischen Untergenre Gay-Drama | Gay Contemporary zu Hause fühle.
4. Lieblingsmusik:
Ich mag es gerne ruhig und düster, allzu gerne aber auch aggressiv und laut. Da passen mir die Genres Punk, Gothic, Pagan und Independent ganz gut in den Kram. ^^ Beim Schreiben verhält es sich anders. Oftmals stört mich die vokale Begleitung, daher bevorzuge ich hier instrumentale Musik. Ich besitze sehr viel klassische Filmmusik, kann mich aber auch neuen Künstlern gut anschließen. Absoluter Liebling ist hier der italienische Komponist Cupelli. Seine Stücke sind oftmals dunkel, berührend und dramatisch – manchmal kraftvoll, manchmal zart und zerbrechlich. Sie können aber auch sphärisch und echt schräg sein. Sie helfen mir, mich optimal in den Schreibprozess einzufinden. So kann man ihm tatsächlich eine maßgebliche Beteiligung an der Entstehung meiner Romane zusprechen.
Ich liebe diesen Kerl.
5. Leidenschaften neben dem Schreiben:
Man sagt mir nach, dass ich grundsätzlich sehr leidenschaftlich bin, wenn mich etwas begeistert. Wenn ich es etwas mache, dann mache ich es ganz und opfere mich sehr dafür auf. Ab Mitte der 90er habe ich mich stark in der Tierrechtszene engagiert. Wenn man mal genauer hinschaut, glaubt man nicht, was für Gräuel man hinter all den gut schützenden Vorhängen entdeckt und man will es unbedingt ändern – anders ist das Wissen kaum zu ertragen. So habe ich auch bei Tierbefreiungen mitgewirkt, die nicht immer legal waren. Oftmals wurde es auch gewalttätig.
Zirkusbetreiber sind z.B. sehr aggressiv, die Missstände und das Verbrechen an den Wildtieren aufzudecken ist selbstverständlich geschäftsschädigend für sie, dabei braucht es lediglich nur ein vernünftiges Konzept, um ohne Wildtiere brillieren zu können. Ich bin überzeugt, dass diese Künstler dies könnten – wenn sie wollen. Alteingesessene Unternehmen sperren sich aber häufig dagegen, da kommt es dann bei Demonstrationen auch schon einmal allzu schnell zu einer Prügelei. Leidenschaft bedeutet aber, für etwas voll und ganz einzustehen; dafür zu leben. Deswegen haben mich solche gewalttätigen Erfahrungen nie davon abgeschreckt, weiterhin auf die Straße zu gehen. Sei es in den 90ern für die Akzeptanz von HIV-Positiven in der Gesellschaft oder für die Gleichberechtigung, Anerkennung und Akzeptanz der queeren Szene in der Gesellschaft. Ich bin Aktivist mit Haut und Haar. ^^
Eine persönliche große Leidenschaft kann ich aber schon nennen: Körperliche Betätigung = Sport ;). Ich fahre Skateboard seit 1989 und bin daher schon ein echter Veteran *lol.
Contests fahre ich mittlerweile nicht mehr, bin aber dem Vert- und Streetstyle treu geblieben. Ansonsten laufe ich und erledige viel mit dem Rad, wenn es das Board nicht erlaubt (Rollbretter mögen keinen Regen ^^).
6. Träume und Ziele:
Eigentlich lebe ich im Hier und Jetzt. Es kommt immer anders, als man sich erhofft hat. Wenn man sich Ziele steckt und Träume hat, kann man enttäuscht werden. Das ist für einen beharrlichen Geist, wie dem meinen, nicht immer das Richtige und wenig förderlich.
Global kann ich jedoch sagen, dass ich den Wunsch habe, dass die Menschheit sich endlich und schnell (!!) zu verändern beginnt. Es wird höchste Zeit. Wir richten uns selbst zugrunde. Neulich habe ich einen Artikel gelesen, in welchem ein Astronaut sagte, die Welt sehe aus dem All grauenhaft aus. Man sieht den Raubbau, den die Menschen auf der Erde betreiben, man sieht aber auch, wie wir uns untereinander bekriegen. Er stellte sich die Frage, welche Wirkung dieser Anblick für Außerirdische haben würde und kam zu dem Schluss, dass sie uns – angesichts der Tatsache, dass wir ausschließlich diese winzige kleine Kugel im All bewohnen dürfen (und können), sicherlich nicht als allzu intelligente Spezies bezeichnen würden.
Im schriftstellerischen Bereich würde ich mir sehr gerne als Ziel vornehmen, mich als ernstzunehmender Autor zu etablieren. Da ich zu meiner Erleichterung nicht von meinen Romanen leben muss, habe ich hier sogar eine reelle Chance ;), da ich wirklich das schreiben darf, wonach mir der Sinn steht:
Ich darf gesellschaftliche Regeln und Tabus in meinen Geschichten brechen. Ich darf böse sein, ich darf verstören, ich darf aufwühlen und mitreißen und ich darf meine Geschichten so beenden, wie mir meine Muse flüstert, wie sie beendet werden wollen. Ich bin da zum Glück nicht, wie Vollzeit-Autoren, an „Richtlinien“ gebunden, die den Kauf und Erfolg meiner Bücher garantieren. Der Grat zwischen Voyeurismus und Moralismus ist hier allerdings schmal. Meines Erachtens sollte man weder in das eine, noch in das andere abschweifen. Ich schreibe Nischenromane mit Antihelden. Und ich weiß, auch diese Art von Geschichten hat eine treue Lesergemeinschaft, die ich in der Zukunft allzu gern mit neuen Geschichten beliefern würde.
7. Woher nimmst du deine Motivation zum Schreiben? Was treibt dich an?
Ich kann nicht behaupten, dass ich grundsätzlich und jederzeit Motivation besitze. Aber Geschichten wollen erzählt werden. Sie lauern im Innern, sie beschäftigen einen, egal was man tut. Wenn ich ein gutes Buch beendet habe, hilft mir dies oftmals selbst wieder Motivation für mein eigenes Projekt zu finden. Manchmal bleibt mein Dokument allerdings auch für Tage verschlossen. Bei mir funktioniert es nicht, mir vorzunehmen, dem Schreiben jeden Tag eine gewisse Zeit einzuräumen. Einerseits ist meine Muse ein echt empfindliches Geschöpf und kann schon bei leichtem Druck ein echt zickiges Biest werden, andererseits lässt es mein Alltag auch nicht wirklich zu. Mein Tag ist voll.
Die kreative Schreibwerkstatt des Queer Literarischen Adventskalender 2017 hat jedoch gezeigt, dass ich auch unter Druck Geschichten schreiben kann… jedoch könnte man sagen, dass ich hier eher mit der kleinen Schwester meiner Muse kommuniziert habe.
Wer an den Kurzgeschichten im Übrigen Interesse hat, darf gern hier stöbern. Sie sind anderer Art, als das, was ich für gewöhnlich schreibe. *g
8. Was sind deine Lieblingsbücher? Was magst du absolut gar nicht?
Ich halte mich nicht für einen Vielleser, aber gemessen an den Lesegewohnheiten anderer Männer, denke ich, dass ich mich im guten Mittelfeld befinde. Für gewöhnlich bevorzuge ich gepflegten Horror, gut geschriebene Erotik und natürlich Dramen. Aber viele wissen es bereits, da ich immer wieder danach gefragt werde und es beinahe mantramäßig wiederhole: meine größte Schwierigkeit ist, dass ich leider ein harter Brocken und schwer zu begeistern bin. Das ist allerdings nicht nur bei Büchern so.
Das ist auch in der Musik, in der Kunst, beim Film oder auch bei Comedians so. Das verbaut mir vieles und gerade bei Büchern ist es so, dass ich sie meist abbreche, wenn ich spüre, dass sie mich verloren haben.
Ich mag Wortspielereien. Das Malen von Bildern. Ich kann lange auf einen Satz in einem Buch starren, wenn mich die Schönheit der Worte entsprechend fasziniert. Wortkünstler haben meine volle Bewunderung. Weiterhin sollte die Recherche so gut ausgeführt sein, dass ich sie nicht als solche bemerke. Das bedeutet, dass sie nicht wie eine Liste abgearbeitet sein und in den Text eingefügt werden darf. Ich reagiere sensibel auf eine Störung in der Stilart der Erzählweise. Gut ist, wenn ich den Eindruck bekomme, dass der Autor sich intensiv mit der Thematik befasst hat und sie als Wissen mit einwebt. Wenn die betroffenen Protagonisten authentisch dieses Wissen vermitteln, dann bin ich ganz in der Geschichte angekommen.
Was ich besonders in unserem Genre nicht mag, sind M-Preg-Romane (das kann ich irgendwie echt schwer mit dem Gedanken an meinen eigenen Körper vereinbaren. O.O.), wenn jedes Töpfchen sein Deckelchen bekommen MUSS, strahlende und moralisch wertvolle Saubercharaktere und gänzlich schwule Universen.
9. Wann kannst du am besten schreiben?
Wenn ich Ruhe und Zeit dafür habe. Derzeitig kann ich am besten früh morgens bis in den Vormittag schreiben. Der Erfahrung nach variiert dies aber und ich kann es daher nicht grundsätzlich sagen. ›Der steinerne Garten‹ habe ich zum Beispiel vermehrt in den Abend- und Nachtstunden geschrieben.
Weiterhin muss ich Worte finden können. Die beste Umgebung reicht nicht aus, wenn ich nicht ausdrücken kann, was mein inneres Auge sieht.
10. Was war der lustigste Fehler in deinen Büchern?
Nun, wo ich wirklich selbst sehr lachen musste war ein Fehler, der mir erst aufgefallen ist, als das Buch schon längst auf dem Markt war. Das Überraschende ist: Niemand, wirklich niemand hat ihn bemerkt – auch mein Lektor nicht.
Im letzten Teil des Buches gibt es eine Szene, in welcher der Hauptprotagonist auf einen Flur hinaustritt und drei Menschen gegenübersteht, die ihn anschauen. Ich schrieb: ›Umgehend richteten sich sechs Augenpaare auf ihn.‹ *lol
Ich habe die ›Paare‹ unterschätzt. Aber keiner hat gefragt, wer denn die anderen drei Personen sind, die da plötzlich aus dem Nichts aufgetaucht sind und namentlich nicht mehr weiter erwähnt wurden ;). Ich fand die Vorstellung allein sehr amüsant.
Manche Fehler fabriziert allerdings auch mein Word. Es verschluckt manchmal ganze Wörter – warum auch immer – so kam es in meinem aktuellen Projekt zu folgender Satzkonstellation: ›Jim schüttelte den Kopf, aber Riley hatte keinen.‹ *gg
11. Dein Lieblingsspruch / Motto / Lebensweisheit?
Ich versuche nach dem Motto: ›Alles ist zu achten‹ zu leben.
Vor einiger Zeit hat mir mein geschätzter Autorenkollege Jobst Mahrenholz in seinem wunderbaren Roman ›Eine Ahnung von Pan‹ jedoch noch einen weiteren Satz geschenkt, dem ich zukünftig nachzustreben versuche, da mich das gegenteilige Verhalten zunehmend an Kraft kostet:
›Ich bin nicht bereit, mich für etwas zu rechtfertigen, was nur in den Köpfen dieser Menschen existiert.‹
So wahr. So wertvoll. Manche Menschen sehen nur das, was sie sehen wollen. Andere spekulieren, sei es, weil ihre Neugierde nicht befriedigt wird oder weil sie kein Interesse an der Wahrheit haben. Sie lassen sich mitreißen. Beides kann man nicht ändern. Man kann auch die Menschen nicht ändern. Nur sich selbst.
Kurt Cobain sagte einmal: ›I’d rather be hated for who I am, than loved for who I am not.‹
12. Nächste, geplante Veröffentlichung:
Derzeitig arbeite ich am Folgeband von ›Der steinerne Garten‹, welcher den Namen ›Die Scherben seiner Seele‹ tragen wird. Wer den ersten Band bereits gelesen hat, kann sich vorstellen, dass der Titel beinahe wortwörtlich zu verstehen ist. Der zweite Band wird noch einmal bedeutend düsterer und emotionaler werden, geht es in der ersten Buchhälfte um die Verarbeitung des Erlebten und was daraus entstehen kann. Was passiert in der Seele eines schwer traumatisierten Menschen, welcher von seiner eigenen Schuld zerfressen wird? In welchen Abgründen bewegt sich seine Psyche, was sind seine Mittel zur Bewältigung und wie weit verändert es auch den Menschen an sich in seiner gesamten Handlung?
Den Stimmen meiner Leser nach zu urteilen ist keiner der beiden Protagonisten aus dem ersten Band ein reiner Sympathieträger, der Hauptprotagonist jedoch, aus dessen Sicht auch die Folgehandlung erzählt werden wird, wird uns in ›Die Scherben seiner Seele‹ einen Spiegel der menschlichen Psyche zeigen, erschreckend und kalt, wie sie nur sein kann, wenn die Seele von Selbsthass zerbrochen ist. Manche seine Handlungen werden daher zutiefst verstörend sein und erschrecken … was aber sein muss. In meinem Hauptjob als Therapeut, arbeite ich bisweilen mit traumatisierten Menschen, ich weiß daher sehr gut, zu welch Grauen sich manch eine Psyche in ihrer Hilflosigkeit verändern kann.
In der zweiten Hälfte wird es dann um Vergeltung gehen. Die Geschichte wird sich den Menschen zuwenden, die maßgeblich für die Scherben verantwortlich zeichnen. Am Ende bleibt ein Licht. Ein schwaches, noch flackerndes – aber ein Licht. Ich denke die Leser, die noch in der Dunkelheit dem Schluss der Geschichte entgegen fiebern, werden es umso heller wahrnehmen und das Schönste aller Gefühle in sich tragen, nachdem sie mit dem Hauptprotaginsten Riley durch dessen persönliche Hölle gegangen sind: Hoffnung.
13. Liste der bisherigen Veröffentlichungen:
Ich habe im Februar 2017 mein 612-Seiten starkes Debüt ›Der steinerne Garten‹ beim Rediroma-Verlag veröffentlicht. Es handelt sich um einen Roman im belletristischen Untergenre ›Gay-Drama‹ und ist für Leser ab 16 Jahren geeignet.
14. Deine Chance! Was wolltest du den LeserInnen schon immer mal mitteilen?
›Schon immer mal‹ trifft es wohl nicht wirklich, aber ich denke, ein Wort kann man nicht oft genug sagen:
Danke. Danke für Eure Begeisterung, Eure Unterstützung, Euer Interesse, Eure Rezensionen, Eure lieben Gesten mir gegenüber in den vergangenen Monaten.
Danke für Eure Treue. Ohne Euch, wäre ich schriftstellerisch ein Niemand. Alles was wir Autoren sind, haben wir unseren Lesern zu verdanken. Das sollten wir niemals vergessen. Man kann noch so gut schreiben; aber wenn es niemand liest und weiter empfiehlt, schwimmt man lediglich in einer gesichtslosen Menge mit.
Interview auf ›Polychrom‹ am 22. November 2018